Une vie ailleurs

Sylvie reist, zusammen mit dem Sozialarbeiter Mehdi, nach Uruguay, um ihren neunjährigen Sohn, den sie seit Jahren nicht gesehen hat, wieder mit nach Frankreich zu nehmen. Der Vater hatte Felipe damals, kurz vor der Scheidung entführt und zu seiner Familie nach Uruguay gebracht. Inzwischen ist er gestorben und Felipe wächst wohlbehalten bei Tante und Grossmutter auf. Von seiner Mutter weiss er nichts, sein Vater hat ihn und die Tante in dem Glauben gelassen, Sylvie sei bei einem Autounfall gestorben. Nur die Grossmutter wusste, dass dem nicht so ist. Der Zuschauer erfährt davon durch Mehdi, den Sylvie vorausschickte, um ihr Informationen zuzuspielen. Mehdi indes ist hin- und hergerissen, ob er Sylvie davon erzählen soll, dass ihr Sohn sie für tot hält. Er entscheidet sich dagegen, weil er den Jungen schützen will. Olivier Peyon erzählt die Geschichte sehr behutsam durch die Sicht eines Aussenstehenden. Mehdi fungiert als besonnenes Sprachrohr zwischen allen Stühlen, Sylvie ist die Getriebene, deren einziges Ziel es ist, ihren Sohn wiederzufinden. Man versteht ihre Panik, sieht den Schmerz in ihren Augen. Genauso wie man die Angst der Tante und Grossmutter nachvollziehen kann, die sich all die Jahre rührend um Felipe gekümmert haben und ihn nicht verlieren möchten. Und obwohl auch Empörung und Fassungslosigkeit und Unverständnis mitschwingen, weiss man doch, dass es kein Richtig oder Falsch gibt, wenn es um Gefühle geht.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Une vie ailleurs», Frankreich/Uruguay 2017, Regie: Olivier Peyon, Besetzung: Isabelle Carré, Ramzy Bédia, Dylan Cortes, Verleih: Look Now!, http://www.looknow.ch

Kinostart: 18. Mai 2017

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