There is no Evil

Ein fürsorglicher Familienvater ist nachts auf dem Weg zur Arbeit von den farbigen Lichtern der Ampeln irritiert. Ein junger Soldat kämpft vor seiner ersten Hinrichtung verzweifelt mit seinem Gewissen. Ein anderer besucht seine Freundin auf dem Land zu deren Geburtstag, zelebriert wird stattdessen eine Beerdigung. Und die Welt einer jungen Frau aus Deutschland gerät beim Besuch des Onkels im Iran aus dem Gleichgewicht.

Die vier Geschichten des iranischen Regisseurs Mohammad Rasoulof wirken in sich geschlossen, sind jedoch durch ihre Thematik miteinander verknüpft. Sie alle hinterfragen die gnadenlos-unmenschliche Hinrichtungspolitik des Iran anhand der verheerenden Auswirkungen auf die unmittelbar betroffenen Menschen. Sie spiegeln eine Gesellschaft wider, welche die Schuld, die sie ungewollt auf sich lädt, Tag für Tag ein- und wieder ausatmet – ohne Aussicht auf Veränderung. Denn Widerstand bedeutet gleichsam Tod oder – im Falle von Rasoulof selbst: Gefängnis. So geschehen als sein zweieinhalbstündiger Film, den er bewusst in kurze Einzelsequenzen unterteilte, um der behördlichen Zensur zu entgehen, an der Berlinale 2020 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde.

«There is no Evil» erschüttert schon nach der unerwarteten Wendung der ersten Episode zutiefst. Eine beklemmende Bedrücktheit, die ein ganzes Land gefangen hält, das in wunderschön-wilde Landschaften gebettet ist, in dem es Menschen gibt, die singen, tanzen – einfach leben wollen.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«There is no Evil», Deutschland/Tschechien/Iran 2020, Regie: Mohammad Rasoulof, Besetzung: Ehsan Mirhosseini, Kaveh Ahangar, Baran Rasoulof, Verleih: Trigon Film, http://www.trigon-film.org, https://www.trigon-film.org/de/movies/There_Is_No_Evil

Kinostart: 22. Oktober 2020, mehrere Spieltermine bereits im September am ZFF: https://zff.com/de/archiv/26858/