The Painted Bird

Im besetzten Polen des Jahres 1939 macht sich ein sechsjähriger jüdischer Junge auf eine zermürbende Odyssee, denn überall stösst er auf paranoide Ressentiments und Antisemitismus. So wird er zum intimen Zeugen alltäglicher Gewalt. Unterwegs begegnet er Männern und Frauen, die andere bestialisch entstellen, rücksichtslos ermorden und ihn selbst ausbeuten, indem sie ihn brutal körperlich misshandeln und sexuell missbrauchen.

Jene, die vielleicht noch einen Funken Menschlichkeit in sich getragen haben, werden auf eine Weise gebrochen, die keinen Ausweg suggeriert. Nur manchmal erlebt er Momente, die aufatmen lassen. Wenn ihm ein deutscher Soldat das Leben schenkt oder ihn ein Priester als Messdiener aufnimmt. Doch diese Augenblicke bleiben flüchtig. Vielmehr wird die Elegie der Hoffnungslosigkeit mit jedem Schritt schmerzhafter und trägt in sich den schreienden Wunsch nach Gerechtigkeit und Frieden für den Jungen.

Der tschechische Regisseur Václav Marhoul hat den 1965 erschienenen Roman des polnisch-amerikanischen Autors Jerzy Kosiński, der sich 1991 das Leben nahm, fulminant adaptiert. In seiner kompromisslosen Trostlosigkeit erinnert das dreistündige monochrome Werk an den 1985 erschienenen sowjetischen Antikriegsfilm «Komm und Sieh» des Regisseurs Elem Klimow. «The Painted Bird» ist absolut erschreckend, aber trotzdem von erschreckender Schönheit. Ein Albtraum, der in die Realität durchsickert. Er lässt uns nicht aufwachen, sondern hält uns in uns selbst gefangen.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«The Painted Bird»; Tschechien 2019; Regie: Václav Marhoul; Besetzung: Petr Kotlár, Stellan Skarsgård, Harvey Keitel; Verleih (Deutschland) und Filmwebseite: Bildstörung

Kinostart: 9. September 2021 – Gratis zum Streamen in der ZDF-Mediathek (bis 18. März verfügbar, wegen des Jugendschutzes nur von 23 Uhr bis 6 Uhr)