The Boy and the Heron

Der zwölfjährige Mahito verliert während des Zweiten Weltkriegs bei einem Bombenangriff auf Tokio seine Mutter und ist untröstlich. Er muss aufs Land zu seinem Vater und dessen neuer, schwangerer Frau ziehen, die eigentlich seine Tante ist. Das alles ist für den Jungen schwer zu verarbeiten, weshalb er immer öfter allein die Landschaft erkundet und dabei auf einen seltsamen Graureiher trifft.

Dieser Vogel führt Mahito durch einen Turm im Wald in eine andere Welt. Mit dem Versprechen, das hier seine Mutter noch lebt, macht sich Mahito auf die Suche nach ihr. Ghibli-Gründer Hayao Miyazaki hatte angekündigt, dass dieser neue Film sein letzter sein solle. In diesem Wissen bekommen hier seine aussergewöhnlichen Bilder nochmals ein viel stärkeres Gewicht. Man gerät ins Staunen über die handgemalten Monet-ähnlichen Hintergründe oder exzentrische Kreaturen wie die Geistergestalten «Wawara». Das Anmutige und das Groteske liegen bei Miyazaki immer nur wenige Pinselstriche auseinander.

Seine Vorstellungskraft vermittelt uns ein Gefühl zwischen Nostalgie und wunderwachen Kinderaugen-Entdeckungen. Auch hier spielt der Einklang mit der Natur wieder eine grosse Rolle, die Ängste der Kindheit und eine «Alice im Wunderland»-Parallelwelt. Doch mehr noch als in seinen anderen Werken ist «The Boy and the Heron» eine Meditation über den Tod als Übergang in eine andere Zeit und einen anderen Ort, wo nichts wirklich endgültig zu sein scheint. Ein schöner Abschied eines grossen Meisters.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«The Boy and the Heron», Japan 2023, Regie: Hayao Miyazaki, Verleih: Frenetic Films, http://www.frenetic.ch, Filmwebsite: https://www.frenetic.ch/katalog/detail//++/id/1268

Kinostart: 23. November 2023