Alphabet

Sir Ken Robinson kommt im Prolog zum ernüchternden Verdikt, dass Kinder im Laufe ihrer Schulbildung ihren kreativen Geist und Antrieb verlieren: 98% der Kindergartenkinder verfügen über die Fähigkeit des unangepassten Denkens, das eine wichtige Voraussetzung für Kreativität ist. Gerade noch 2% der Erwachsenen haben diese Begabung. Bildung ist ein boomendes Geschäft geworden, in dem Leistung und Wettbewerb immer früher beginnen. In China präsentiert eine Mutter stolz die vielen Medaillen ihres etwa 10-jährigen Sohnes. Bei ihm selbst ist kein Anflug von Freude zu verspüren, er wirkt apathisch und erschöpft. Erschreckend sind auch die eingeübt wirkenden Aussagen der jungen Finalistinnen und Finalisten im Wettbewerb um den «CEO of the Future».

Dem hält Erwin Wagenhofer einen Firmenvorstand entgegen, der davor warnt, die Welt ausschliesslich ökonomisch zu betrachten. Für einen ganz anderen Zugang zu Bildung plädiert zudem Arno Stern. Er fördert seit 60 Jahren die Kreativität von Kindern in seinem Malort, wo sie ausser Konkurrenz Glück erfahren sollen. Sein Sohn André hat nie eine Schule besucht, sondern ist stets seiner Neugier und Spielfähigkeit gefolgt. Erwin Wagenhofers Kritik an den heutigen Bildungssystemen ist fundmental. Dennoch entlässt er uns hoffungsvoll aus dem Kinosaal: Wie so manch ein Experte im Film ermutigt er uns, sich zu bewegen, auszubrechen – oder zu spielen, um dadurch zu sich selbst zu kommen.

Monica Lienin, Redaktorin Medientipp
monica.lienin@medientipp.ch

«Alphabet», Österreich 2013, 109 Minuten, Regie: Erwin Wagenhofer, Verleih: Frenetic Films AG, http://www.frenetic.ch, Filmwebsite: http://www.alphabet-film.com

Kinostart: 20. Februar 2014