20’000 especies de abejas

«Mein echter Name ist Lucía» − mit diesem Ruf offenbart sich ein achtjähriges Kind gegenüber einer Freundin. Bei Geburt wurde ihm der Name Aitor gegeben, gerufen wird es Cocó. Mit beiden Namen fühlt es sich nicht verstanden. Mit seinem langen Haar wird es da und dort nicht nur als Mädchen gesehen, sondern liest sich selbst als ein solches.

Lucía verbringt mit der Familie ein paar Ferientage bei Verwandten im spanischen Baskenland. Immer öfter grübelt sie darüber nach, dass mit ihr im Bauch der Mutter etwas falsch gelaufen sein müsse. Immer grösser wird ihre Verzweiflung darüber, nicht sich selbst sein zu dürfen.

Ihre Grossmutter versichert ihr zwar, Gott habe jeden Menschen vollkommen geschaffen, aber hilfreicher ist für Lucía die Ansicht eines Verwandten, Glaube sei eine Überzeugung, die man tief im Herzen spüre. Vor allem die Begleitung durch ihre Grosstante, die ihr zuhört und als Imkerin am Beispiel  der Bienen vermittelt, dass auch bei den Menschen eine Vielfalt von (Lebens-)Formen bestehe und gut sei, macht ihr Mut.

Der berührende Coming of Age-Film fokussiert auf das Finden einer passenden Geschlechtsidentität. Er ist ein eindrückliches Beispiel dafür, wie ein (junger) Mensch lernt, für sich einzustehen und eine Sprache zu finden für das, was ihn im Tiefsten ausmacht. Der Film bestätigt die Aussage der Grosstante, dass kein Kind sich für sein Leben schämen müsse. Der Film lebt nicht zuletzt von der grossartigen schauspielerischen Leistung von Sofía Otero, die die Person von Aitor/Cocó/Lucía verkörpert.

Hermann Kocher, Vizepräsident Interfilm Schweiz

«20’000 especies de abejas (20’000 Arten von Bienen)», Spanien 2023;  Regie: Estibaliz Urresola Solaguren; Protagonist*innen: Sofía Otero, Patricia López Arnaiz, Ane Gabarain; Verleih: http://www.cineworx.ch

Kinostart : 21. September 2023