Neruda

Pablo Neruda ist ein Gigant der Literatur. Der Schöpfer des «Canto General» und zahlreicher Lyrikbände ist in Chile eine Art «Nationalheiliger» der Linken. Er stellt jeden Filmemacher vor eine unlösbare Aufgabe. Regisseur Pablo Larraín geht jedoch seine Aufgabe brillant an, indem er Geschichte und Fiktion in ein komplexes Geflecht von Bildern, Sprache und Anekdoten aus dem Leben von Neruda zu einem eigenständigen Ganzen montiert.

1945 wird Neruda Senator auf der Liste der kommunistischen Partei Chiles. Er unterstützt den Präsidentschaftskandidaten González Videla, der sich nach seiner Wahl als Anti-Demokrat entpuppt. Neruda kritisiert ihn heftig und muss in der Folge abtauchen. Der Film macht die Flucht zum Kern des Geschehens, unterlegt die Ereignisse aber mit Gedankenblitzen, Rückblenden und lyrischen Lesungen des Autors. Pablo Larraín erfindet sogar eine eigene fiktive Figur, den Geheimdienst-Inspektor Oscar Peluchonneau, der zur Festnahme des Dichters abkommandiert wird. Wie auf einer theatralischen Bühne verschmelzen Neruda und Peluchonneau zu einem ungleichen Zwillingspaar, das der Imagination des Films entspringt. Diese Geschichte einer Flucht wirkt opernhaft, balladesk und hat Elemente einer Moritat. Damit schwingt sich der Chilene Larraín auf zu einem Höhenflug, der versucht, etwas Kongeniales im Film zu schaffen. «Neruda» ist keine biografische Heldensage, sondern eine Ode an das Schaffen des chilenischen Poeten.

Charles Martig, Filmjournalist Katholisches Medienzentrum

«Neruda», Frankreich / Spanien / Argentinien / Chile 2016, Regie: Pablo Larraín, Besetzung: Gael García Bernal, Luis Gnecco, Mercedes Morán; Verleih: Filmcoopi, Internet: http://www.filmcoopi.ch

Kinostart: 23. Februar 2017