Who’s afraid of Alice Miller?

Da sitzt er und heult, wie ein kleines Kind. Das kleine Kind im grossen, schweren Martin Miller ist dermassen verletzt, dass er noch Jahrzehnte später in Tränen ausbricht, als er eine Aufnahme seiner Mutter hört. «Das ist alles gelogen, eine riesen Schweinerei!» Die Mutter ist niemand geringerer als die weltberühmte polnisch-schweizerische Kindheitsforscherin Alice Miller. Ihre Aussagen über die Folgen von Gewalt gegen Kinder sind Hohn und Spott in Martins Ohren.

Und dennoch will Martin die gefühlskalte Mutter, die seinen schlagenden Vater einfach ignorierte, mit der souveränen Kämpferin für Kinderrechte, der Bestseller schreibenden Psychologin zusammenbringen.

Gemeinsam mit Mutters Cousine Irenka Taurek machen sie sich auf die Suche. Sie beginnt in Polen, der Heimat seiner jüdischen Mutter und seines katholischen Vaters zur Zeit des Holocausts. Durch Irenkas Erinnerungen werden die Schrecken von damals wieder lebendig. Verrat, Vertreibung, Folter und Tod. Martin macht eine Reihe schrecklicher Erkenntnisse.

Martin ist Opfer einer «strukturellen Tragödie», wie Elena, Psychotherapeutin und Freundin von Alice, dies nennt. Die Folgen von Verbrechen und Kriegen begleiten die nachgeborenen Generationen. In einer transgenerationalen Traumavererbung soll Alice Miller in ihrem kleinen Sohn den Naziverfolger gesehen haben. Martin kann am Ende verstehen, dass seine kriegsversehrten Eltern ihr Kind so behandelten aber akzeptieren wird er es nie.

Eva Meienberg, Redaktorin Medientipp

«Who is afraid of Alice Miller?», CH 2020, Regie: Daniel Howald, Besetzung: Martin Miller, Irenka Taurek, Anja Dodziuk; Verleih: Royal Film, Internet: verleih@royal-film.ch, Filmwebsite: https://whosafraidofalicemiller.com

Kinostart: 31. August 202