Pio – A Ciambra

Der vierzehnjährige Pio Amato lebt mit seiner Roma-Familie am Rande einer kalabrischen Gemeinde in einem eigenen kleinen Dorf. Die Feldwege säumt der Abfall und der Strom wird kurzerhand abgezapft. Über Perspektiven macht man sich hier keine Gedanken, wichtig ist es, zu überleben. Ständig ist die Polizei vor Ort, auch, weil Pio’s älterer Bruder sich als Autodieb und Einbrecher verdingt, um die Grossfamilie finanziell über Wasser zu halten. Als eines Tages Bruder und Vater verhaftet werden, sieht sich Pio als neuer Versorger der Familie. Er freundet sich mit Ayiva an, einem Flüchtling aus Burkina Faso, der ihn fortan bei seinen kleinen Gaunereien unterstützt.

Der italienisch-amerikanische Regisseur Jonas Carpignano dreht eigenwillige Filme. Seinen Kurzfilmen über die von der italienischen Regierung Vergessenen folgen oft längere thematische Auseinandersetzungen. So geschehen bei «Mediterranea», seinem Langfilmdebüt, und nun auch bei «A Ciambra». Carpignano verlässt sich voll auf die Ausdrucksstärke seines jungen Hauptdarstellers. Legendär ist inzwischen auch die Geschichte der ersten Begegnung zwischen Carpignano und Pio: Letzterer klaute dem Regisseur kurzerhand das Auto – authentischer kann Kino nicht sein. Im Stile einer Dokumentation gibt der Film einen realistischen Einblick in das Leben der Amatos und entfaltet dabei gleichzeitig eine unglaubliche erzählerische Kraft.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«A Ciambra» (Pio), Italien 2017, Regie: Jonas Carpignano, Besetzung: Pio Amato, Koudous Seihon, Damiano Amato, Verleih: DCM, http://www.dcmworld.com

Kinostart: 28. Dezember 2017