Perspektiven. Von heiligen Söhnen und unkonventionellen Männern

Die Heilige Familie – als weihnächtliches Motiv ist sie weit bekannt. In der Realität aber ist es selten heilig: Es wird gestritten und gezankt, genauso wie bei vielen anderen biblischen Familiengeschichten. Deren sorgfältige Lektüre könne durchaus therapeutisch wirken, ist die feministische Theologin Brigitte Kahl überzeugt: Die biblischen Geschichten vermitteln unkonventionelle Männlichkeitsbilder. Das ganze Erste Buch der Bibel, die Genesis, sei eine Geburtsgeschichte, sagt Brigitte Kahl. Die Genesis erzähle vom Entstehen einer neuen Gesellschaft. Neu sei sie deshalb, weil die Nachkommen Abrahams mit einer bestimmten Männlichkeit brechen würden. Brigitte Kahl nennt diese «Alphamännlichkeit», wie sie mit Kain und dem Brudermord symbolisiert sei. Esau, Sohn von Isaak und Bruder Jakobs, verhält sich anders: Zwar wird er von seinem Bruder betrogen. Anstatt Jakob aber dafür zu bestrafen oder gar zu töten, vergibt Esau dem Bruder schliesslich