Papicha

Und dann zieht die verschleierte Frau eine Waffe, schiesst auf Nedjmas Schwester Linda. Tödlich getroffen bricht sie vor den Augen Nedjmas zusammen … Das ist Algerien in den 1990ern, als die Regierung sich von verschiedenen islamistischen Kräften herausgefordert sah und es zu mehr als 150’000 toten Zivilisten kam. Mitten in dieser sogenannt «schwarzen Dekade» lebt die junge Nedjma lange Zeit ein relativ unbeschwertes Studentinnenleben mit heimlichen Parties, Rauchen und erster Liebe. Nedjma liebt Mode, schneidert für ihre Freundinnen sexy Kleider und verdient damit ihr eigenes Geld. Über die Islamisten schüttelt sie nur den Kopf.

Doch nach dem Attentat an ihrer Schwester sieht die Welt ganz anders aus. Nedjmas Rebellion richtet sich nun gezielt gegen die radikalen Kräfte. Sie organisiert eine Modeschau mit Haiks, traditionellen grossen Baumwolltüchern, die sie zu aufreizenden und sinnlichen Kleidern umfunktionieren will. Aber der Plan bleibt nicht lange geheim – die Folgen sind verheerend …

«Papicha» – so werden laut Regisseurin Mounia Meddour in Algerien junge, freie Frauen genannt – bleibt ganz nahe an den Gesichtern und Körpern der Protagonistinnen: dort also, worauf sich die weltanschauliche Debatte über Sittsamkeit, Rollenmuster und die richtige Auslegung der Religion stellvertretend fokussiert. «Papicha» ist ein eindringliches Plädoyer gegen Unterdrückung jeglicher Art und zugleich eine fulminante Ode an die Freiheit des Individuums.

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Papicha», Frankreich/Algerien/Belgien 2019, Regie: Mounia Meddour; Besetzung: Lyna Khoudri, Shirine Boutella, Amira Hilda Douaouda; Verleih: cineworx, Internet: https://cineworx.ch

Kinostart: 10. September 2020

Trailer: