Loro

Der aalglatte Zuhälter Sergio besticht Lokalpolitiker mit Prostituierten, um ganz nach oben zu kommen. Dorthin, wo der reiche Unternehmer Berlusconi bald wieder sitzt, der dafür gerade sechs Senatoren kauft. Um in Kontakt mit dem exzentrischen Frauenhelden zu kommen, mietet Sergio eine Villa direkt gegenüber von Berlusconis riesigem Grundstück auf Sardinien. Dort will er so lange Drogenpartys mit nackten Frauen feiern, bis der Nachbar anbeisst. Dieser muss aber erstmal seine Eheprobleme lösen und seinen machthungrigen Ränkespielen nachkommen.

Sorrentinos zweite Politiksatire über einen italienischen Ministerpräsidenten ist keine solch bitterböse Abrechnung geworden wie seinerzeit mit Giulio Andreotti in «Il Divo». Das mag einerseits daran liegen, dass Berlusconi für die Dreharbeiten grosszügig seine sardinische Prachtvilla zur Verfügung stellte. Oder aber daran, dass sich die Abrechnung nicht auf den dauergrinsenden Politegomanen fokussiert. Sie schliesst den ganzen korrumpierten Sumpf mit ein, in den sich Italien selbst hineinmanövriert hat. So überzieht auch die orgastischen «La Grande Bellezza»-Exzesse immer ein Hauch von Melancholie. Versprechen werden gebrochen, Lügen verkauft und auf ruinierten Existenzen baut man leblose Betonklötze. «Loro» hat keinen roten Faden, dem man folgen kann. Der Film lebt von wuchtigen Einzelszenen. Doch vielleicht kann man nur so dieses Land begreifbar machen, dass sich nicht einmal selbst zu begreifen scheint.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Loro», Italien 2018, Regie: Paolo Sorrentino, Darsteller: Toni Servillo, Ricardo Scamarcio, Elena Sofia Ricci, Verleih: Pathé Films, https://www.pathefilms.ch/

Kinostart: 11.10.2018