Liquid Truth

Der junge Trainer Rubens ist aufgrund seiner lockeren Art und seinen unkonventionellen Methoden bei den Kindern seiner Schwimmgruppen sehr beliebt. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als die Eltern eines Jungen Rubens beschuldigen, er hätte ihren Sohn während einer solchen Lektion auf den Mund geküsst. Da die Schulleiterin nur aufgrund einer Behauptung keine voreiligen Schlüsse ziehen möchte, geht vor allem die Mutter des Schwimmschülers auf die Barrikaden, verbreitet die Beschuldigung über die sozialen Netzwerke und löst damit eine verheerende Kettenreaktion aus.

Früher waren die Printmedien für den sukzessiven Rufmord einer Person verantwortlich, indem sie – oftmals auf der Basis vager Beweise –Menschen verurteilten. Heute übernehmen dies Facebook, Twitter und Co. in einem Sekundenbruchteil. Wie schnell eine solche, unabänderliche Nachricht die Runde macht, ist uns vielleicht bewusst. Welche dramatischen Auswirkungen sie im gleichen Tempo auf das Leben eines Einzelnen hat, mitunter nicht. Genau das visualisiert die brasilianische Filmemacherin Carolina Jabor auf raffinierte Art und Weise. Auch als Zuschauer fühlt man sich – mehr noch als in Thomas Vinterbergs «Die Jagd» dauernd unbehaglich und zwischen den verschiedenen Blickwinkeln hin- und hergerissen. Wem schenkt man letztendlich Glauben? Was ist genau passiert? Eine ultimative Wahrheit gibt es nicht, nur verschiedene Spiegelungen davon in einem letzten Endes grossen, leeren Becken.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Liquid Truth» (Aos Teus Olhos), Brasilien 2017, Regie: Carolina Jabor, Darsteller: Daniel de Oliveira, Luisa Arraes, Malu Galli, Verleih: Trigon, http://www.trigon-film.org

Kinostart: 22. November 2018