L’îlot

Nachdem Daniel und Ammar einen Zugang zum Fluss Vuachère abgesperrt haben, drehen sie wieder ihre Runden im Quartier Faverges in Lausanne. Die beiden Wachmänner sind angestellt, um die Anwohnerinnen und Anwohner des multikulturellen Viertels daran zu hindern, das Flussbett zu betreten – bei Tag und bei Nacht. Ob es dabei um Sicherheitsbedenken geht oder ob andere Überlegungen dahinterstecken, bleibt der Vorstellung des Publikums überlassen.

Als Zuschauende begleiten wir die beiden auf ihren Touren, lernen das Quartier und seine Menschen kennen und erfahren, dass sich viele Legenden um dieses kleine, urbane Naturparadies an der Vuachère ranken. So zirkuliert in einer spanischsprachigen Frauenrunde eine tragische Liebesgeschichte à la Romeo und Julia, wo der Fluss als einzig möglicher Begegnungsort fungiert: er liegt ausserhalb der Sichtweite der Nachbarschaft. Denn beobachten, wahrnehmen und überwachen – das tun nicht nur die beiden Wachmänner, sondern auch die Nachbarinnen und Nachbarn.

Tizian Büchis «L’îlot (Das Inselchen)» hat am letztjährigen Visions du Réel in Nyon den Grand Prix für seine innovative Auseinandersetzung mit dem Thema Überwachung und Freiheit gewonnen. Die Patrouillengänge durch die Nachbarschaft stehen metaphorisch für die gesellschaftliche Tendenz, alles kontrollieren und ein- sowie abgrenzen zu wollen. Die wilde Natur der Vuachère steht hierzu in krassem Kontrast. Eine poetische Reflexion über das Zusammenleben und die Natur als «Insel der Freiheit».

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«L’îlot» (Like an Island), Schweiz 2022; Regie: Tizian Büchi; ProtagonistInnen: Daniel Nkubu, Ammar Abdulkareem Khalaf; Verleih: Alva Film; Homepage: https://www.alvafilm.ch; Filmseite: https://alvafilm.ch/films/like-an-island

Ab 25. Mai im Kino