Le jeune Ahmed

Ahmed ist jung, zu jung, um in den Dschihad zu ziehen und dort zu sterben. Aber Ahmed ist bereit alle Anstrengungen auf sich zu nehmen auf dem Weg zu Gott. Kein Gebet lässt er aus, hetzt in die Moschee und lernt verbissen Suren auswendig. «Der gute Wille zählt!», beruhigt ihn sein Bruder aber das lässt Ahmed nicht gelten. Akribisch wäscht er seinen Mund, seine Nase aus vor dem Gebet, als ob er seine Sünden, die er hasst wie die Hölle, auf diese Weise los werden könnte.

Immer ist die Kamera ganz nah an Ahmed dran. Beständig sieht man diesen Lockenkopf mit Schmollmund und Oberlippen-Flaum. Ein bisschen pummelig und linkisch, hastet er durch eine Welt voller Sünden und Versuchungen. Eigentlich würde man den Jungen gerne an die Hand nehmen und ihn wenigstens einmal zum Lachen bringen, so wie Louise, die in Ahmed verliebt ist.

Die Nähe zu Ahmed ist aber eine Illusion. Ahmed ist Welten entfernt von den Menschen, die sich um ihn bemühen und von sich selbst. Auch seine Mutter muss damit leben, dass sie nicht mehr versteht, was Ahmed ist und tut.

Die Brüder Dardenne entwerfen mit Ahmed eine Figur, die nicht zu fassen ist. Radikalisierung ist ein Thema aber darüber hinaus geht es um die Unerreichbarkeit eines jungen Menschen. Das erzeugt eine beklemmende Spannung und sehr ambivalente Gefühle. Der Film gibt keine Antworten aber wirft eine Reihe von Fragen auf. Zum Beispiel diese: Wie soll man einem Menschen begegnen, der alle was einem heilig ist, ablehnt?

Eva Meienberg, Religionswissenschaftlerin, Redaktorin Medientipp

«Le jeune Ahmed», BE / FR 2019, Regie: Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne, Besetzung: Idir Ben Addi, Olivier Bonnaud, Myriem Akheddiou; Verleih: Xenix Filmdistribution GmbH, Internet: http://www.xenixfilm.ch/de/index.php; Filmwebsite: http://www.xenixfilm.ch/de/film_info.php?ID=11971

Kinostart 5. Dezember 2019