Katholische Welt. «Klerikalismus»

«Vom Übel des Klerikalismus» spricht Papst Franziskus in aller Öffentlichkeit. Er sei «der fruchtbare Boden für diese Gräuel» des sexuellen Missbrauchs. Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller, Ex-Präfekt der Glaubenskongregation in Rom, widerspricht ihm energisch: Die Ursache für den Missbrauchsskandal sei nicht der Klerikalismus, auch nicht die Pädophilie, sondern die «aggressive Homosexualität». Dass er selbst im Vatikan mit seiner Meinung wenig Gehör findet, stört den streitbaren Kardinal nicht. Klerikalismus, verstanden als angemasster Machtanspruch eines geweihten geistlichen Standes, ist zu einem Kampfbegriff innerhalb der katholischen Kirche geworden. Nach den weltweiten Missbrauchs-Skandalen werden Forderungen nach generellen strukturellen Änderungen in der Kirche laut. Und grundsätzliche Fragen werden gestellt: Ist die monarchische Struktur der Kirche noch zeitgemäss? Bedarf es einer Gewaltenteilung in der Kirche wie in modernen demokratischen Verfassungsstaaten? Ist die Weigerung, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, Ausdruck einer Jahrhunderte alten Misogynie, Frauenverachtung, der Kirche?