Jill

Ende der 70er-Jahre ziehen sich Ted und Joann zusammen mit ihren fünf Kindern in die tiefen Wälder Nordamerikas zurück. Die Aussteiger möchten ihr Leben frei gestalten – fern der politischen und gesellschaftlichen Zwänge jener Zeit. Doch als der älteste Sohn bald darauf dem Selbstversorger-Traum den Rücken kehrt, um ans College zu gehen, bekommt die Idylle erste Risse.

Einige Familienmitglieder hinterfragen zunehmend die Handlungen des Vaters, der notfalls mit Gewalt an seiner Vorstellung von absoluter Freiheit festhält. Inmitten dieses Konflikts steht die Jüngste von ihnen – Tochter Jill. Sie versucht in der Gegenwart zu verstehen, was damals genau geschehen ist und warum einer ihrer Brüder heute im Gefängnis sitzt.

Der schweizerisch-amerikanische Regisseur Steven Michael Hayes wuchs in Zürich auf und studierte Film an der ZHdK. In seinem erschütternden Debütfilm zeigt er, wie sich elterlicher Egoismus und der Wunsch nach Selbstverwirklichung auf die Kinder auswirkt, die die Folgen dieser Entscheidungen zu tragen haben.

«Jill» ist ein «Slowburner», der erst allmählich und mit der zunehmenden Paranoia des Vaters seine ganze emotionale Wucht entfaltet. Die bittere Ironie des Films liegt darin, dass die eigentliche Gefahr, vor der Ted seine Familie schützen will, von seiner eigenen kranken Psyche ausgeht. Auch visuell ist der Spielfilm eindrücklich. So wurden die wunderbaren Naturaufnahmen, die eine Landschaft an der Grenze zu Kanada vorgeben, im Jura gedreht.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Jill», Schweiz 2021, Regie: Steven Michael Hayes, Besetzung: Tom Pelphrey, Juliet Rylance, Dree Hemingway, Verleih: Frenetic Films, http://www.frenetic.ch

Kinostart: 15. September 2022