Io capitano

Die beiden 16-jährigen Cousins Seydou und Moussa träumen von einem Leben als Musiker. Sie wollen aber nicht als traditionelle Sänger im Senegal auftreten, sondern als Musikstars Europa erobern. Obwohl Seydou seine geliebte Mama nicht verlassen möchte, lässt er sich von Moussas Enthusiasmus anstecken. Entgegen allen Warnungen verlassen die beiden heimlich Dakar, um durch die Wüste bis nach Libyen und von dort aus nach Italien zu gelangen.

Kaum losgefahren, wird den beiden klar, dass die Reise nach Europa keine vergnügliche Abenteuerexpedition ist, sondern eine todernste Angelegenheit. Wer sich nicht festhält, fällt vom Pickup, wer nicht mehr weiterkann, verdurstet in der Wüste. Spätestens als Moussa mitten in der libyschen Wüste gewaltsam von Seydou getrennt wird, ist alle kindlich-naive Hoffnung dahin.

Matteo Garrone inszeniert in «Io capitano» die Migration übers Mittelmeer als poetisch-tragische Heldenreise. Gebannt verfolgt man wie Moussas und Seydous Träume immer stärker mit der Realität kollidieren. Trotzdem geben sie nicht auf, sondern wachsen daran. Was den beiden auf der Reise zustösst, ist nicht erfunden. Migration ist ein Geschäft mit unendlich vielen Profiteuren. Der Blick auf die Thematik aus der Betroffenenperspektive ist unmittelbar und extrem eindrücklich. Dazu trägt auch das intensive Spiel der beiden Protagonisten bei, die Laiendarsteller sind. Sie vermitteln glaubwürdig, dass auch im düstersten Moment, die Menschlichkeit einen Hoffnungsfunken entzünden kann.

«Io capitano» gewann dieses Jahr in Venedig den Preis der Interfilm-Jury zur Föderung des interreligiösen Dialogs.

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Io capitano» Italien/Belgien 2023; Regie:Matteo Garrone; ProtagonistInnen: Seydou Sarr, Moustapha Fall, Joseph Beddelem; Verleih: Pathé Films AG; http://www.pathefilms.ch; Filmseite: https://www.pathefilms.ch/catalog/io-capitano/

Ab 4. Januar 2024 im Kino