Im Winter ein Jahr

Nach dem Tod des 19-jährigen Alex enthüllen sich hinter der Fassade einer gut situierten Familie Risse. Die Mutter, eine erfolgreiche Innenarchitektin, bestellt bei einem bekannten Maler ein Porträt. Sie möchte ein Bild von Alex zusammen mit seiner Schwester Lilli. Die Gesangs- und Tanzstudentin gerät ein Jahr nach dem Verlust ihres Bruders aus dem Tritt und verliert die Hauptrolle in einem Musical. Der Vater, ein erfolgreicher Bioniker, kümmert sich vor allem um die Promotion seines neusten Buches. Damit sind alle Familienmitglieder mit der Flucht vor ihrer eigenen Trauer beschäftigt. Im älteren Maler Max findet Lilli einen väterlichen Freund, der ihr Halt und Lebensperspektive gibt. Schrittweise öffnen sich die Wunden. Die Frage nach dem «Warum?» des Selbstmordes beschäftigt die Figuren zutiefst.

Wie in «Jenseits der Stille» erzählt Caroline Link von Hindernissen, die die Menschen trennen, obwohl sie sich lieben. Die Bilder sind hier weitaus eindrucksvoller und mit kreativer Kraft gefüllt. Durch subtile Beschreibungen und aufmerksame visuelle Verdichtungen nähert sich die Regisseurin dem dramatischen Kern der Geschichte. Dabei geht sie sehr behutsam vor und baut auf die Präsenz der Schauspieler. Ihr gelingt ein kompositorisch reiches Gefühlskino, das zugleich populär und intelligent ist. Durch die Krise der Figuren wird die metaphysische Verlorenheit erfahrbar, aber auch die heilende Wirkung der Kunst.

Charles Martig, Filmbeauftragter Katholischer Mediendienst
charles.martig@kath.ch

«Im Winter ein Jahr», Deutschland 2008, Regie: Caroline Link, Besetzung: Karoline Herfurth, Josef Bierbichler, Corinna Harfouch, Hans Zischler; Verleih: Monopol Pathé Films AG, Internet: http://www.pathefilms.ch, Filmwebsite: http://www.imwintereinjahr.film.de

Kinostart: jetzt im Kino

«Im Winter ein Jahr» ist Film des Monats November. Der Film des Monats November kann als pdf geladen werden unter:
medientipp.ch/pdf/filmtipp_200811.pdf