Gräns

«Gräns» ist schwedisch und bedeutet Grenze. Wüsste man dies nicht vor dem Film, danach wäre es klar. Grenzüberschreitung ist hier Programm. Tina ist Zollbeamtin und von ihren Berufskollegen hochgeschätzt, weil sie die Schmuggelware oder viel mehr die Angst und Schuld der Schmuggelnden riechen kann. Am Zoll trifft sie auf Vore, der ihr äusserlich verblüffend ähnlich sieht: Knollennase, narbige Haut, wulstiges Stirnbein, schwerer Körperbau. Ihr Äusseres und ihr Verhalten haben animalische Züge, die mal beängstigend, mal herzergreifend sind.

Während Tina ihr Anderssein als minderwertig akzeptiert hat und dessen Grund in einem Chromosomenfehler sieht, ist Vore überzeugt, in seiner Andersartigkeit, den Menschen überlegen zu sein. «Du bist ein Troll», erklärt er Tina stolz. Die plötzliche Antwort auf Tinas lebenslanger Suche nach Identität wirft viele neue Fragen auf. Was ist der Mensch und welches sind die Grenzen seines Handelns? Tina muss sich diesen stellen.

Gräns ist nicht nur inhaltlich, sondern auch formal grenzüberschreitend und lässt sich nicht einem einzelnen Genre zuordnen. Der Regisseur Ali Abbasi öffnet mit der formalen Grenzüberschreitung faszinierende Imaginationsräume, in denen vertraute, grundlegend ethische Fragen unkonventionell gestellt werden. Die Grenzen der Sehgewohnheiten werden durch diesen absolut sehenswerten Film mit Sicherheit verschoben.

Eva Meienberg, Religionswissenschaftlerin, Redaktorin Medientipp

«Border» («Gräns»), Dänemark/Schweden 2018, Regie: Ali Abbasi, Besetzung: Eva Melander,  Eero Milonoff, Jörgen Thorsson; Verleih: Outside the box, Internet: https://outside-thebox.ch/de/ Filmwebsite: https://outside-thebox.ch/de/grans/

Kinostart: 28. Februar 2019