Grace à Dieu

Der streng katholische Familienvater Alexandre kann es kaum glauben: Père Preynat hatte ihn jahrelang sexuell missbraucht und steht immer noch als Priester am Altar und erteilt Religionsunterricht. Alexandre nimmt Kontakt zur Diözese Lyon und Kardinal Barbarin auf. Er will wissen, weshalb Preynat nicht seines Amtes enthoben wurde, bekommt aber nur ausweichende Antworten. Letztlich erstattet er Anzeige. Der ermittelnde Kommissar spürt rasch andere Opfer auf. Unter ihnen auch François, der den Verein «La parole libérée» gründet. Er möchte möglichst viele Opfer Preynats zum Reden bringen. Je mehr Fälle auftauchen, desto grösser wird der Druck auf die kirchlichen Würdenträger, die Preynat während Jahrzehnten gedeckt hatten.

François Ozon wirft in «Grace à Dieu» einen überaus differenzierten Blick auf die Machtstrukturen der katholischen Kirche, die Missbräuche ermöglichen und ihre Offenlegung während einer viel zu langen Zeit durch eine veritable «Omertà» verhinderten. Aus der Perspektive dreier Protagonisten nähert sich der Film dem Thema an und zeigt eindringlich auf, welche lebenslangen Folgen ein Missbrauch nach sich zieht. Dabei lässt Ozon den persönlichen Glauben neben der offiziellen Lehrmeinung der Kirche stehen, klagt weder die gesamte Institution an noch wertet er. Vielmehr gibt der Film jenen eine Stimme, die nicht länger schweigen wollen und können und entlarvt diejenigen, die zu lange nichts gesagt haben als wahre Übeltäter – an ihren Mitmenschen und letztlich auch an der katholischen Kirche.

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Grace à Dieu», Frankreich 2018, Regie: François Ozo, Besetzung: Melvil Poupaud, Swann Arlaud, Denis Ménochet; Verleih: Filmcoopi Zürich, Internet: http://www.filmcoopi.ch, Filmwebsite: https://www.filmcoopi.ch/movie/grace-a-dieu

Kinostart: 03. Oktober 2019