God’s Own Country

Abends trinkt man, am nächsten Morgen übergibt man sich. Danach geht man mit den Schafen aufs Feld. Mit dem kranken Vater und der ruppigen Grossmutter redet man nur das Nötigste. Jeder Tag ist wie der andere. Kein Wunder, dass Johnny sich verloren fühlt auf dem weiten Land von Yorkshire. Um seine Einsamkeit zu überspielen und der Trostlosigkeit seines Alltags zu entfliehen, muss der schnelle Sex auf dem Männerklo ausreichen. Liebe? Zuneigung? No way. Bis der rumänische Stallarbeiter Gheorghe auf dem heruntergewirtschafteten Hof erscheint.

Als Yorkshire-«Brokeback Mountain» wurde Francis Lee’s Spielfilmdebüt betitelt und sicher finden sich einige Parallelen: homosexuelle Liebesgeschichte, weite und einsame Landschaften. Doch Lee’s felsige Wiesen und Hügel sind karger, das Leben rauer. Er kennt diese Gegend genau, er ist hier aufgewachsen, auf einem Bauernhof unweit des Drehortes. Die karge Umgebung atmen die Menschen tagtäglich ein und fast nie mehr aus. Doch Johnny hat Glück, dass ihm jemand begegnet, der diese Tristesse durchbricht. Und als Zuschauer bricht es einem fast das Herz, zu sehen, wie jemand Zärtlichkeit und Liebe erst lernen muss, weil er sie zuvor nie erlebt hat.

Francis Lee ist ein ungeschönter, authentischer Film gelungen, der die leisen Töne der Klaviatur spielt und die kleinen Leute zeigt, die um ihr tägliches Überleben kämpfen. Gerade deshalb zeugt der Sundance-Erfolg von einer Kraft und Ausdrucksstärke, die seinesgleichen sucht.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«God’s Own Country», Vereinigtes Königreich 2017, Regie: Francis Lee; Schauspieler: Josh O’Connor, Alec Secăreanu, Gemma Jones; Verleih: Look Now!, http://www.looknow.ch, Homepage: http://www.godsowncountry.film

Kinostart: 16. November 2017