Fremont

Donya war in Afghanistan Übersetzerin für die Amerikaner. Dann kamen die Taliban wieder an die Macht und Donya verliess mit einem der letzten Rettungsflüge ihr Heimatland. Nun wohnt sie in einer winzigen Wohnung in Fremont, Kalifornien, umgeben von Landsleuten, die auch vor dem Regime geflohen sind.

Tagsüber verpackt Donya in einer Fabrik Glückskekse. Dann wird sie zur Sprüche-Schreiberin befördert, weil ihre asiatische Vorgängerin mit dem Kopf auf der Tastatur stirbt. Durch die neue Tätigkeit wird ihr bewusst, dass ihr eigenes Glück ein unbeschriebenes Blatt ist und sie spürt die Einsamkeit im Exil. Also verpackt sie eine selbstkreierte Botschaft in einen der Glückskekse mit ihrem Namen und ihrer Nummer.

Der vierte Film des iranisch-amerikanischen Regisseurs Babak Jalali ist ein lakonisch-langsames Sinnieren über das Alleinsein. Im besten Jim Jarmusch-Stil erblühen hier kleine Momente der Hoffnung, die an den ungewöhnlichsten Orten entstehen. Der Film ist mit seinen zurückhaltenden Schwarz-Weiss-Bildern bewundernswert unaufdringlich. Diese wurden im klassischen 4:3 Seitenverhältnis gedreht und spiegeln Donyas Melancholie, wenn sie etwa in ihren schlaflosen Nächten von den engen Wänden umschlossen wird. Die Newcomerin Anaita Wali Zada spielt die Figur mit einer berührenden Mischung aus Verletzlichkeit und Neugierde auf die Welt. Jeremy Allen White (aus der Serie «The Bear») reisst dem Publikum dafür mit zwei eindringlichen Szenen unartikulierter Sehnsucht das Herz heraus.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Fremont», USA 2023, Regie: Babak Jalali, Besetzung: Anaita Wali Zada, Jeremy Allen White, Gregg Turkington, Verleih: Trigon, http://www.trigon-film.org, Filmwebseite: https://www.trigon-film.org/de/movies/fremont

Kinostart: 19. Oktober 2023