Fernsehen für Kinder

Fernsehen gehört heute zum Alltag – auch für Kinder. Viele Sender bieten ein eigenes Kinderprogramm an und werben um die jungen Zuschauerinnen und Zuschauer. Im Folgenden werden die Kinderprogramme der grösseren Fernsehstationen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz kurz charakterisiert.

Die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanstalten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz bieten unterschiedliche Kinderprogramme an. Formal unterscheiden sie sich in der Dauer der Sendezeit, die für das Kinderprogramm zur Verfügung steht, sowie in der Anzahl von selbst produzierten Sendungen. Hauptsächlich die beiden deutschen Staatssender ARD und ZDF produzieren eigene Kindersendungen. Die anderen kaufen das Material grösstenteils ein. Ein weiterer Unterschied ist die Werbung – solche ist vor allem in den Kinderprogrammen der deutschen Privatsender zu sehen. Zwar gibt es in Deutschland ein Gesetz, welches Werbeunterbrechungen während Kindersendungen verbietet. Doch wie Pro7 beweist, ist es ziemlich einfach, diese Vorschrift zu umgehen: Der Sender hat sein Angebot für Kinder einfach in „Familienprogramm“ umbenannt. Bei den staatlichen Fernsehanstalten hingegen wurde die Werbung stark reduziert oder ganz aus dem Kinderprogramm entfernt.

Sieben Stunden pro Tag für die Kinder

Im September 1998 startete Schweizer Fernsehen DRS sein Kinderprogramm „Nickelodeon“. „Nickelodeon“ ist ein amerikanisches Privatunternehmen, das Fernsehen für Kinder produziert und es weltweit auf eigenen und fremden Sendern vertreibt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Schweizer Fernsehen und „Nickelodeon“ war unter anderem möglich, weil beide Unternehmen ähnliche Ansprüche an ein Kinderprogramm haben: Sie wollen der Kinderperspektive Rechnung tragen und setzen dabei auf Gewaltfreiheit und Gleichstellung der Geschlechter und Rassen.
Was man auf SF2 täglich zwischen 10.00 und 17.00 Uhr zu sehen bekommt, entspricht diesen Ansprüchen grösstenteils. Das Programm setzt sich zusammen aus Zeichentrick- und Realsendungen von Nickelodeon und kleinen Eigenproduktionen von SF2. Die Auswahl ist so gestaltet, dass alle Kinder von vier bis dreizehn Jahren angesprochen werden.
Ab 17.00 Uhr beginnt auf SF2 das Jugendprogramm. Damit die jüngeren Kinder dann auch noch fernsehen können, gibt es auf SF1 zwischen 17.00 und 18.00 Uhr einen Kinderblock. Zu diesem gehören zwei Zeichentrickserien und die traditionelle „Gute-Nacht-Geschichte“.

Ein eigener Fernsehkanal

Um das vollständige Abwandern der jüngeren Fernsehkonsumenten auf die Privatsender zu verhindern, starteten das Erste und Zweite Deutsche Fernsehen am 1. Januar 1997 den Kinderkanal. Der Kinderkanal richtet sich an Kinder zwischen drei und dreizehn Jahren und wird täglich zwischen 6.00 und 19.00 Uhr ausgestrahlt. Das Ziel der Produzenten ist, kindergerechtes Programm zu zeigen und eine werbefreie Alternative zu bieten. Dabei sollen die Kinder in Live-Sendungen und in die Programmgestaltung miteinbezogen werden. Via Post, Telefon oder Internet können sie ihre Meinung kundtun oder sich an Abstimmungen beteiligen.
Der Kinderkanal produziert einen grossen Teil der ausgestrahlten Sendungen selber. Daneben profitiert er vom umfangreichen Archiv der anderen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten Deutschlands, welche bereits viele Kindersendungen produziert haben. Dazu gehören etwa die Evergreens „Die Sendung mit der Maus“ und die „Sesamstrasse“.
Die Gründung des Kinderkanals hat mit sich gezogen, dass auf ARD und ZDF selbst nur noch wenig für Kinder ausgestrahlt wird. Nur noch samstags findet man für Kinder konzipierte Sendungen, vielfach ist es aber das gleiche Angebot wie auf dem gemeinsamen Kinderkanal.

Mageres Angebot aus Österreich

Seit 1976 gibt es beim Österreichischen Rundfunk ein tägliches Kinderprogramm. Es wird auf der ersten Sendekette ORF1 ausgestrahlt. Vor einigen Jahren hatte der ORF vorwiegend Eigenproduktionen im Angebot, heute gibt es neben dem Überbrückungsprogramm mit der Handpuppenfigur „Confetti“ nur noch wenige selbst produzierte Sendungen für Kinder. Gute Kinderprogramme, wie zum Beispiel die Kindernachrichten „MiniZIB“ oder die Bastelsendung „AmDamDes“, wurden abgesetzt. Das heutige Angebot des ORF1 besteht vorwiegend aus eingekauften Zeichentrickserien. Für österreichische Kinder bietet der ORF zusätzlich Freizeitaktionen und Kulturveranstaltungen an.
Ein Nachteil der ORF-Programmgestaltung ist, dass Serien für Kinder mit solchen für Jugendliche vermischt werden. So wird etwa die Serie „Full House“, geeignet für Kinder bis zehn Jahre, nach der Zeichentricksendung „Die Simpsons“ ausgestrahlt, welche sich vom Inhalt her an Jugendliche und Erwachsene richtet.

Donald Duck auf RTL

Das Kinderprogramm von RTL wird von Montag bis Freitag zwischen 12.00 und 16.00 Uhr auf RTL2 ausgestrahlt. Die Sendungen sind vorwiegend eingekaufte Zeichentrickfilme. Darunter sind viele Billigproduktionen, welche mit wenig Phantasie gestaltet wurden. Sie sind in das Rahmenprogramm „Vampy-Show“ eingebettet, wo ein ein knuddeliger Stoffvampir zwischen den Sendungen ein Übergang herstellt.
Am Samstag kann man sich auf das Kinderprogramm von RTL freuen, weil der Sender die alleinige Senderechte für Disneyproduktionen in Deutschland besitzt. So sind Serien wie „Aladdin“ oder „Donald Duck“ nur auf RTL zu sehen. Am Sonntag wird ausserdem die „Disney-Filmparade“ mit älteren und neueren Spielfilme aus dem Hause Disney ausgestrahlt.

Kinder wurden fast vergessen

Das Kinderprogramm auf Pro7 und Sat1 fällt dürftig aus. Pro7 zeigt vier Stunden tägliches Morgenprogramm für Kinder. Das Nachmittag- und Vorabendprogramm wird von Pro7 zwar für die ganze Familie empfohlen, ist für Kinder aber wenig geeignet.
Auf Sat1 gibt es nur am Samstagmorgen von 7.00 bis 10.00 Uhr ein Kinderangebot, unter der Woche richtet sich das Programm an Jugendliche und Erwachsene.

Joachim Roth
Praktikant KM

Deutsche Kindersendungen im Internet

„Flimmo online“ ist ein Fernsehratgeber der „Bayerischen Landeszentrale für neue Medien“ und des „Instituts Jugend Film Fernsehen“. Auf dieser Internetseite kann man die Angaben zum gesamten Kinderprogramm der deutschen Fernsehsender abfragen. Allerdings erhält man keinen Gesamtüberblick über alle Sendungen der jeweiligen Kanäle. Man muss die Informationen einzeln nach Datum und Sender anwählen.
Die Angaben zu den Sendungen werden alle zwei Wochen neu überarbeitet und nach drei Kategorien beurteilt: „Kinder finden´s prima“, „Mit Ecken und Kanten“ und „Für Kinder schwer verdaulich“. Zusätzlich bietet „Flimmo online“ Informationen über Fernseh- und Medienveranstaltungen für Kinder sowie Literaturhinweise. http://www.flimmo.de

Buchhinweise:

– Regina und Helmut Brandstätter: „Fernsehen mit Kindern – Ein Ratgeber für Eltern“. Überreuter-Verlag, 1995. ISBN 3-8000-3562-6
Das Buch bietet eine Übersicht über alle Kinderprogramme in Deutschland, Österreich und der Schweiz und vermittelt den aktuellen Stand der Forschung zur Frage, wie Fernsehen auf Kinder wirkt.

– Christine Linder, Charles Martig, Christian Murer, Peter Roth, Urban Zender, Sylvia Kissling: „Kinder und Jugendliche im Medienmix“. Birkenhalde-Verlag, 1996. ISBN 3-905172-20-8
Beratung über den Umgang mit Medien und über Medienerziehung. Aufgeteilt in die drei Altersstufen „1-6 Jahre“, „7-12 Jahre“ und „ab 13 Jahren“.

– Helga Theunert, Margrit Lenssen, Bernd Schorb: „Wir gucken besser fern als ihr!“. KoPäd-Verlag, 1995. ISBN 3-929061-51-1
Welche Kriterien stellen Kinder an ihr Fernsehprogramm? Anhand von Forschungsergebnissen und ausgewählten Sendungen wird gezeigt, durch welche Elemente die Wünsche und Ansprüche der Kinder erfüllt werden können.

– Hans Dieter Erlinger, Kerstin Esser, Birgit Hollstein, Bettina Klein, Uwe Mattusch: „Handbuch des Kinderfernsehens“. Verlag Ölschläger in UVK, 1995. 3-88295-224-5
Das Handbuch setzt sich mit den historischen und gegewärtigen Entwicklungen des Kinderfernsehens auseinander. Es richtet sich an Journalisten, Medienpädagogen, Lehrer und Eltern.