Das katholische Korsett – oder der mühevolle Weg zum Frauenstimmrecht

Inwieweit beeinflusste die katholische Prägung den Widerstand gegen die gesellschaftliche Emanzipation der Schweizer Frauen? Das ist die Leitfrage, die die beiden Dokumentarfilmer Beat Bieri und Jörg Huwyler in ihrem Werk zu beantworten versuchen. Dazu reisen sie in die Innerschweiz und treffen auf starke Frauen, die von ihrem Kampf um Selbstermächtigung im katholischen Umfeld berichten.

So erzählt die Juristin Judith Stamm davon, wie sie 1960 aus Zürich ins vermeintlich lebenslustig-katholische Luzern kam und schnell merken musste, dass hier die Frauen als «nicht ebenbürtig» angesehen wurden.

Die Schriftstellerin Margrit Schriber reflektiert die Folgen der katholischen Sexualmoral, die in den Urkantonen vermittelt wurde. Die jungen Frauen wurden nicht aufgeklärt, das Thema Sexualität grossräumig umschifft. Die Pille oder Fristenlösung waren in diesem Kontext ein Verbrechen wider die katholische Lehre und zudem Ausdruck einer patriarchalen Hierarchie.

Die Angst vor einem Wertezerfall und konkret vom Zerfall der «normalen» Familie waren die eigentlichen Motive, die Frauen wie Männer in der Innerschweiz dazu bewegten, sich gegen die weibliche Partizipation in der Politik zu engagieren. Den Frauen ein Stimmrecht zu geben, hätte im katholischen Milieu bedeutet, gegen die natürliche – göttliche – Ordnung zu verstossen, die die Frauen in der Rolle der Untergebenen des Mannes sieht.

Gottlob haben sich die Protagonistinnen von Bieris und Huwylers facettenreicher Spurensuche für etwas «Unordnung» eingesetzt!

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Das katholische Korsett – oder der mühevolle Weg zum Frauenstimmrecht», Schweiz 2020; Regie: Beat Bieri und Jörg Huwyler; Protagonistinnen: Judith Stamm, Imelda Abbt, Ruth Wipfli-Steinegger;

Zum Streamen auf: http://www.playsuisse.ch

https://www.youtube.com/watch?v=DlPLD_sNl7o