Candelaria

1994 in Havanna: Der Zerfall der Sowjetunion hat auf Kuba eine Wirtschaftskrise ausgelöst, das US-amerikanische Embargo lässt das Essen knapp werden. Darüber und über andere Dinge streiten sich auch Candelaria und ihr Mann Victor Hugo. Ihre Beziehung ist mittlerweile, wie sie selbst, in die Jahre gekommen. Die Alltagsroutine hat den Platz von romantischer Zweisamkeit eingenommen. Candelaria sucht die fehlende Wärme bei ihren fünf kleinen Küken, die in der Wohnung umherhüpfen, und in den Zeilen der Lieder, die sie singt. Mit dem Fund einer Videokamera ändert sich jedoch der Blick der beiden Senioren aufeinander und die Gefühle füreinander erwachen wieder.

Der Kolumbianer Jhonny Hinestroza nähert sich in «Candelaria» aus verschiedenen Perspektiven der Liebe an. Als leise Kritik an dem nostalgisch-verklärten Blick der jährlich auf die Insel strömenden Touristen. Als Spiegelung der dort lebenden Menschen, denen der abblätternde Putz ständig ihre Armut und Fluchtgedanken vor Augen führt. Und als Innenansicht einer Beziehung, die durch die Betrachtung von aussen ebenfalls reflektiert wird und dadurch viel Raum für berührende Momente gewährt. «Candelaria» ist wie eine leichte Sommerbrise, die einen zärtlich umschmeichelt, eine wunderschön-tragische Ode an das Leben und die Liebe. «In Kuba lauert der Tod immer und überall», heisst es in einer Szene. Deshalb sollte man die kleinen Glücksaugenblicke geniessen und sie festhalten. Ob mit oder ohne Kamera.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Candelaria», Kolumbien/Kuba 2017, Regie: Jhonny Hendrix Hinestroza, Schauspieler: Alden Knight, Verónica Lynnel, Philipp Hochmair, Verleih: DCM Filmdistribution, http://www.dcmworld.ch

Kinostart: 5. Juli 2018