Beuys

Er erklärt einem toten Hasen, was es mit den Bildern auf sich hat. Er pflanzt 7000 Eichen je neben einen Stein. Drei Tage sitzt er mit einem Kojoten in einem Raum. Kunst dient dem deutschen Aktionskünstler, Bildhauer und Zeichner Joseph Heinrich Beuys (1921-1986) dazu, durch Provokation mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Zugleich wirbt er für seine ökologischen und politischen Anliegen. Durch eine Rückbesinnung auf die Anfänge der Kunst, will er Menschen weiten, festgefahrene Kunstbegriffe aufbrechen. «Die Idee, einem Tier etwas zu erklären, fördert den Sinn für das Geheimnis der Welt und der Existenz. […] Noch ein totes Tier bewahrt stärkere Kräfte der Intuition als manche menschlichen Wesen mit ihrem unerbittlichen Rationalismus.» Dabei sei jeder Mensch potenziell ein Künstler, weil jeder Träger von Kreativität und Energie sei. «Vom Symbol des spirituellen Ganzen», dem Beuys sein Leben lang nachspürte, erzählt der Film kaum etwas. Aber die Vielfalt der gezeigten Werke offenbart den Stellenwert Beuys’ für das heutige Kunstverständnis. Andres Veiel gelingt es, zum Teil noch unerschlossene Filmdokumente, Fotos und aktuelle Interviews zu einer spannenden Collage zusammenzufügen. Er erzählt nicht chronologisch, erfasst aber alle wesentlichen Lebensstationen des Künstlers. «Beuys» ist eine intime Betrachtung eines Menschen, seiner Kunst und seiner Ideenräume – mitreissend, berührend.

Ingrid Glatz-Anderegg, Pfarrerin, Co-Präsidentin INTERFILM Schweiz

«Beuys», Deutschland 2017, Regie: Andres Veiel; Verleih LOOK NOW, http://www.looknow.ch

Kinostart: 01.06.2017