Bäckerei Zürrer

Bäckermeister Zürrer ist alleinerziehender Vater. Das heisst, eigentlich hat seine zweitgeborene, brave Tochter Trudi seinen jüngsten Sohn Heini erzogen, an dessen Geburt die Mutter gestorben ist. Die Bäckerei steht an der umtriebigen Zürcher Langstrasse.

Richard, der Älteste fährt dort mit seinem Fiat vor und lässt die Augen des Vaters glänzen. Aber der ehrgeizige Bäckermeister lässt sich blenden. Denn seit dem Abbruch des Jus-Studiums schlaumeiert sich Richard durchs Leben und zieht den fleissigen Vater mit in den finanziellen Ruin.

Der alte Bäckermeister ist ein Patriarch und wenig empathisch. Seine Tochter versauert hinter dem Ladentisch der Bäckerei und Heini muss seine Runden auf dem Renner in der offenen Rennbahn heimlich drehen. Wenig Freude, viel Pflicht.

Aber die Kinder sind keine Opfer. Sie nehmen ihr Schicksal in die Hände und den Zorn des Vaters in Kauf. Vater Zürrer entgleitet die Kontrolle mehr und mehr. Er tut sich leid, haut ab und betrinkt sich erst einmal gewaltig.

Der Film endet mit einer versöhnlichen, etwas melodramatischen Weihnachtsfeier. Doch bis der Christbaum steht, gibt uns Kurt Früh Einblick in die Psyche seiner Figuren. Sie haben Konturen und Ambivalenzen und stellen die damaligen Normen auch in Frage. Die Originalschauplätze öffnen ein Fenster in das umtriebige Zürcher Arbeiterquartier in den späten Fünfzigerjahren und sind auch eine faszinierende Milieustudie.

Eva Meienberg, Redaktorin Medientipp

«Bäckerei Zürrer», Schweiz 1957, Kurt Früh: Emil Hegetschweiler, Margrit Winter, Peter Brogle, Streamingwebseiten: cinefile.ch, artfilm.ch