AN – Von Kirschblüten und roten Bohnen

Jeden Morgen backt Sentaro als Pächter einer kleinen Imbissbude Dorayakis: japanische Pfannkuchen. Für die Kirschblüten, die bereits in voller Blüte stehen, hat er keinen Blick. Dafür aber Tokue, eine alte Frau, die eines Tages vor seinem Laden steht und fragt, ob sie bei ihm als Aushilfe anfangen kann. Sentaro verneint, denn nicht nur das Alter ist für ihn ein Problem, sondern auch ihre missgebildeten Hände. Doch Tokue ist starrsinnig und kommt wieder, diesmal mit einer selbstgemachten Bohnenpaste, der traditionellen Füllung für Dorayakis. Sentaro, der bis anhin eine Industriefüllung verwendete, ist vom Geschmack derart begeistert, dass er ihr eine Chance gibt. Die beiden Einzelgänger kommen sich langsam näher und der verbitterte Sentaro entdeckt wieder seine Freude am Leben.

«AN» ist wohl einer der berührendsten und gleichzeitig ehrlichsten und klügsten Filme, die jemals um die Weihnachtszeit ins Kino kamen. Er erwärmt ab der ersten Minute Seele und Geist, ohne dabei kitschig zu sein. Man leidet genauso mit der liebenswert verschrobenen Tokue – wunderbar gespielt von Kirin Kiki – wie man sie bewundert aufgrund ihrer Stärke, Lebensfreude und Weisheit. Doch auch der knurrige Sentaro wächst einem ans Herz.

Sich Zeit nehmen, die Dinge sprechen lassen, ihren Erzählungen zuhören – «AN» lehrt uns Entschleunigung und dass die Liebe in jedem Blatt, Windstoss und sogar in der Zubereitung von Bohnenpaste zu finden ist.

Sarah Stutte, Filmjournalistin
sarah.stutte@medientipp.ch

«AN – Von Kirschblüten und roten Bohnen», Japan/Frankreich/Deutschland 2015, Regie: Naomi Kawase, Besetzung: Kirin Kiki, Masatoshi Nagase, Kyara Uchida; Verleih: Filmcoopi, http://www.filmcoopi.ch

Kinostart: 24. Dezember 2015