Styx

Rike will ins Paradies, nach Ascencion Island. Dort liess Charles Darwin einst seine Vision vom Garten Eden anlegen. Allein auf einer Yacht macht Rike sich von Gibraltar aus auf den Weg über den Atlantik. Sie braucht eine Pause vom Arbeitsalltag als Notärztin. Nach einem Sturm vor der Küste Nordafrikas entdeckt sie ein in Seenot geratenes Fischerboot – hoffnungslos überfüllt. Über hundert Menschen an Bord schreien um Hilfe, springen panisch ins Wasser, um Rikes Schiff zu erreichen. Sie verständigt die Küstenwache und macht Notizen in ihrem Logbuch, ganz die disziplinierte Kapitänin und professionelle Rettungsärztin. Als Rike aufgeht, dass jede Hilfe zu spät kommen wird, wird sie mit einem alptraumhaften Dilemma konfrontiert: Ihr Schiff ist zu klein, um die Ertrinkenden zu retten. Was kann sie, ganz auf sich allein gestellt, ausrichten?

In der griechischen Mythologie markiert der Fluss Styx die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Totenreich. Homer beschreibt ihn als «Wasser des Grauens». Mit überzeugendem Plot und eindrücklichen Naturaufnahmen thematisiert Regisseur Wolfgang Fischer das Grauen, das sich auf dem Meer vor der Festung Europa abspielt. Das Kammerspiel auf See ist packend, aufwühlend und keine Minute zu lang. Und einer der wichtigsten Filme des Jahres. Denn die Tragik von Rikes Konflikt liegt darin, dass sich doch eigentlich keine Menschenseele in Gefahr bringen müsste, wenn es endlich sichere Fluchtwege gäbe.

Laura Lots, Redaktorin «Neue Wege», http://www.neuewege.ch

«Styx» wurde bei der Berlinale 2018 mit dem Preis der Ökumenischen Jury ausgezeichnet.

«Styx», Deutschland/Österreich 2018, Regie: Wolfgang Fischer, Besetzung: Susanne Wolff, Gedion Oduor Wekesa; Verleih: trigon-film, http://www.trigon-film.ch

Kinostart: 20. September