Satte Farben vor Schwarz

Da verbrennt sich als Happy End eine Frau auf dem Scheiterhaufen ihres verstorbenen Mannes und die Presse zeigt sich beeindruckt von der letzten Freiheit, die hier zelebriert werde. Kaum vorstellbar und so auch nicht geschehen. Denn in dem Abschlussfilm von Sophie Heldman zieht am Ende ein Ehepaar steril abgepackte Spritzen auf einem edlen Sofa auf, um sich gemeinsam in den Tod zu begeben. Beim Mann wurde Krebs in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert, er möchte sich nicht behandeln lassen. Dass er und seine Frau sich nach fast 50 Jahren Ehe angesichts des bevorstehenden Sterbens anschweigen, streiten, verlassen und wieder zusammenfinden müssen, ist klar. Weswegen die gesunde Frau aber ebenfalls sterben möchte, bleibt das Geheimnis des Drehbuchs.

Der Film lebt von der souveränen Brillanz seiner beiden grossen Stars Senta Berger und Bruno Ganz. Auch kann er mit sensiblen Beobachtungen kleiner Alltagsszenen aufwarten. Jedoch, und das wiegt schwer, verleiht er seinen Figuren keine psychologische Tiefe. Von echter Verzweiflung wird nur selten etwas spürbar. Deswegen überrascht das Ende derart, legte doch der Handlungsverlauf eher eine keimende Auseinandersetzung mit dem Leben nahe. Kein Wunder, dass viele Kritiken von einem «irritierenden» oder «fragwürdigen» Schluss sprechen. Bei genauerer Betrachtung jedoch ist diese verkappte Witwenverbrennung in westlichem Wohlstandsgewand schlicht unbedarft und ärgerlich.

Christine Stark, Filmbeauftragte Reformierte Medien
christine.stark@ref.ch

«Satte Farben vor Schwarz», Deutschland/Schweiz 2009, Regie: Sophie Heldman, Besetzung: Senta Berger, Bruno Ganz, Barnaby Metschurat, Carina Wiese, Leonie Benesch; Verleih: Look Now!, Internet: http://www.looknow.ch

Kinostart: 13. Januar 2011