Vi síti (Gefangen im Netz)

Die beiden tschechischen Dokumentarfilmer Barbora Chalupová und Vít Klusák wagen ein soziales Experiment: Sie engagieren drei erwachsene Schauspielerinnen, die glaubwürdig als Zwölfjährige durchgehen, erstellen für sie gefälschte Profile auf gängigen Social Media-Plattformen wie Facebook, Skype und Twitter und bauen ein aufwendiges Set mit drei verschiedenen Mädchenzimmern. In diesen werden die drei Frauen bei ihren Konversationen mit den virtuellen Gesprächsteilnehmern gefilmt.

Innert zehn Tagen kontaktieren mehr als 2’500 Männer die drei «Mädchen» per Chat oder Videoanruf, schicken ihnen eindeutige Bilder und bedrängen sie sexuell. Die weitaus älteren Männer bedienen sich manipulativer Mittel bis hin zu Erpressung und Drohung. Das ist erschreckend und absolut besorgniserregend. Auch die Schauspielerinnen sind emotional mitgenommen und werden vor Ort von einem Team aus Fachleuten wie Psychologen, Kriminologen und Anwälten betreut. So meinte Tereza Těžká, dass es ihr gleich am ersten Tag die Sprache verschlagen habe: «Ich fühlte Hass gegenüber den Männern, auch Mitleid, dass sie so armselig sind und was sie überhaupt für ein Problem haben zwölfjährige Mädchen anschreiben zu müssen».

Als die Frauen mithilfe des Kamerateams einige der Männer mit ihren Taten konfrontieren, kommt es teilweise zum Eklat, denn schuldbewusst zeigen sich die wenigsten. Ein schockierender, wichtiger Film, der die Abgründe des sexuellen Online-Kindesmissbrauchs aufdeckt.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«V síti (Gefangen im Netz)», Tschechien 2020, Regie: Barbora Chalupová, Vít Klusák, Besetzung: Tereza Těžká, Anežka Pithartová, Sabina Dlouhá, Verleih: Ascot Elite, http://www.ascot-elite.ch

Kinostart: 3. Juni 2021