The Power of the Dog

«Er ist nur ein Mann, ein anderer Mann», beruhigt sich Rose. George Burbank hat die Witwe Rose geheiratet und sie mit ihrem Sohn Peter auf seine feudale Ranch geholt. Für Phil, Georgs Bruder, ist der Einzug von Mutter und Sohn eine einzige Provokation. Rose tritt zwischen ihn und seinen Bruder. Bis zum Umzug haben die Männer Seite an Seite in einem Bett geschlafen. Der schlaksige Peter mit seinem androgynen Äusseren und seiner Vorliebe fürs Basteln reizt den prototypischen Mann Phil aufs Äusserste. Die Stimmung auf der Ranch in Montana ist explosiv. Rose fürchtet um ihren Sohn. Sie dämpft Angst und Hass mit Alkohol. Peter jedoch erkennt die Risse in der harten Schale des bösartigen Cowboys und lässt sich trotz der Demütigungen von Phil das Reiten beibringen.

Jane Campion («The Piano») hat eine überraschende Männlichkeitsstudie geschaffen. Sie wirbelt die Männlichkeitsstereotypen auf wie den Staub, den die Rinder aufwerfen, wenn sie zum Schlachten zusammengetrieben werden. Schwach wird stark und dominant wird ohnmächtig. Und wie im richtigen Leben ist da der weiche Kern in der harten Schale – auch bei Phil. Und der wird ihm durch einen genialen Twist zum Verhängnis.

Bisweilen mag die Genderthematik in diesem Western, der in den 1920er-Jahren in Montana spielt, vielleicht etwas anachronistisch anmuten. Andererseits ist die Vermutung naheliegend, dass auch vor 100 Jahren ein Mann nicht einfach ein Mann war, umso weniger als das im Film gezeichnete Ideal unerreichbar bleibt.

Eva Meienberg, Redaktorin Medientipp

Kinostart: 18 November 2021

«The Power of the Dog», Neuseeland 2021, Regie: Jane Campion, Besetzung (drei DarstellerInnen): Benedict Cumberbatch, Kirsten Dunst; Kodi Smit-McPhee Verleih: Ascot Elite, https://ascot-elite.ch/