Réveil sur Mars (Wake Up on Mars)

Haare wie Ebenholz und Haut so weiss wie Schnee – tatsächlich liegen die beiden Mädchen wie eine doppelte Ausgabe von Schneewittchen reglos in ihren Betten in Horndal, Schweden. Doch das Leben von Ibadeta, Djeneta und ihrer Familie ist nicht märchenhaft: Der Alltag der Demiris wird von den Bedürfnissen der zwei Töchter bestimmt. Sie leiden am sogenannten «Resignationssyndrom» und liegen im Koma. Ausgelöst wurde es durch massive Traumata. Die Demiris wurden als Angehörige einer ethnischen Minderheit im Kosovo verfolgt und drangsaliert.

Als ihr Asylantrag in Schweden zum zweiten Mal abgelehnt wird, stellt zuerst der Körper der einen, dann derjenige der zweiten Schwester auf «Winterschlaf». Zu gross ist die Angst vor einer Rückkehr in die Heimat und dem, was sie dort erwartet. Nun liegen sie seit Jahren im Koma.

Der zehnjährige Bruder Furkan erinnert sich an früher und baut aus Schrott eine Rakete, um seine grossen Schwestern zum Mars zu fliegen, weit weg von ihren Schmerzen …

Dea Gjinovcis Dokumentarfilm verbindet gekonnt zwei Erzählstränge miteinander: einerseits erzählt «Réveil sur Mars» davon, welche zusätzlichen traumatischen Folge die Migrationspolitik für den/die Einzelne haben kann. Gjinovci verurteilt nicht, sondern gibt den Betroffenen eine Stimme. Andererseits verdeutlicht der fiktive Strang um Furkan und seine Rakete, wie sich Resilienz ausbildet.

Nach Erhalt der provisorischen Aufenthaltsbewilligung sind die Mädchen übrigens erwacht. Fast wie im Märchen …

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Réveil sur Mars» (Wake Up on Mars), Schweiz/Frankreich 2020; Regie: Dea Gjinovci; Mit: Ibadeta, Djeneta, Nurja, Furkan Resul und Muharrem Demiri; Verleih: First Hand Films, http://www.firsthandfilms.ch, Filmwebseite: https://www.firsthandfilms.ch/de/reveille-sur-mars/

Ab 23. September 2021 im Kino