Juan und Ester leben zusammen mit ihren drei Kindern auf einer Ranch in der Nähe von Mexiko-Stadt und züchten Stierkampf-Bullen. Ester managt den Betrieb, während Juan als Schriftsteller erfolgreich ist. Als Ester jedoch eine Affäre mit dem befreundeten Amerikaner Phil beginnt und dies anfänglich vor Juan verheimlicht, wird die bis dato ehrlich geführte Beziehung auf ihre Beständigkeit getestet. Mit dem Ergebnis, dass die gelebte Harmonie empfindliche Risse offenbart.

Der mexikanische Regisseur Carlos Reygadas lotet in seinem sechsten Werk die Grenzen einer nicht monogam geführten Paarbeziehung aus. Dabei geht er buchstäblich seinem Innersten auf den Grund, denn er stellt seine persönliche Erfahrung mit Liebe und Partnerschaft ins Zentrum des Geschehens. Dazu zählt auch ein möglichst realistisches Ambiente, weshalb auf seiner eigenen Rinderfarm gedreht wurde, mit seinen Kindern und seiner Ehefrau Natalia López. Nicht zum ersten Mal benutzt Reygadas dabei das Mittel der semiautobiografischen Erzählung. Schon in seinem Film «Post tenebras lux» verarbeitete er seine Gefühle und Ängste als Ehemann und Vater, wofür er 2012 mit dem Regiepreis in Cannes ausgezeichnet wurde. Drei Stunden lang ringen hier Juan und Ester mit sich und miteinander – wie die Stiere, die sie umgeben. Verzweifelte Worte und ohnmächtige Wortlosigkeit lösen sich dabei ab. Ein zermürbender Kampf um das Versprechen der Aufrichtigkeit und dessen Scheitern in der wirklichen Welt.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Nuestro tiempo», Mexiko 2018, Regie: Carlos Reygadas, Besetzung: Carlos Reygadas, Natalia López, Phil Burgers, Verleih: Look Now!, http://www.looknow.ch

Kinostart: 25. April 2019