Nuestras madres

Sorgfältig platziert der forensische Anthropologe Ernesto Knochen für Knochen anatomisch korrekt auf dem Seziertisch. Nachdem er einen Schädel untersucht hat, bettet Ernesto ihn auf das dafür vorgesehene Kissen und zeichnet den Schusskanal durch das Cranium auf einem Dokument ein.

Es ist keine einfache Arbeit, die der junge Mann macht. Er versucht, den unzähligen namenlosen Toten des guatemaltekischen Bürgerkriegs eine Bestattung in Würde und den Familien Gewissheit über den Verbleib ihrer Liebsten zu ermöglichen.

Als eine ältere Indigena bei Ernesto vorstellig wird und ihn bittet, ein Massengrab ausserhalb ihres Dorfes zu untersuchen, meint Ernesto auf einem ihrer Fotos seinen verschollenen Vater zu erkennen. So macht sich Ernesto auf, um vielleicht die sterblichen Überreste seines Vaters zu finden. Doch im Zuge seiner Nachforschungen stösst er nicht auf väterliche Knochen, sondern eine viel schrecklichere Wahrheit …

César Díaz erzählt seine eindringliche Geschichte über die Suche nach den Wurzeln, den Wunsch nach Gewissheit, die Stärke des vermeintlich «schwachen Geschlechts» und das Abschiednehmen zurückhaltend und ohne Pathos. Die Gräuel, denen die verschiedenen Frauen im Kriegsgeschehen ausgesetzt waren, wirken in der Nüchternheit, mit der sie davon erzählen, wie ein Schlag in die Magengrube. Der Film fokussiert die Stärke dieser Frauen, die keine Opfer sein wollen und gibt ihnen damit nicht nur eine Stimme, sondern ein Stückchen Würde zurück.

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Nuestras madres», Guatemala/Belgien/Frankreich 2019, Regie: César Díaz, Besetzung: Armando Espitia, Emma Dib, Aurelia Caal; Verleih: trigon-film, Internet: http://www.trigon-film.ch, Filmwebsite: https://www.trigon-film.org/de/movies/Nuestras_madres

Kinostart: 19. November 2020