Moka

Am Genfersee spielt sich ein Psychodrama ab, das ganz und gar im Alltag geerdet ist. Diane Kramer lebt in Lausanne und ist von einem einzigen Gedanken getrieben. Sie will den Fahrer eines moka-farbenen Autos finden, der ihren Sohn angefahren und ihr Leben zerstört hat. Sie entflieht der Therapie und begibt sich mit leichtem Gepäck und etwas Geld auf die andere Seeseite, nach Évian. Dort lebt, wie sie herausgefunden hat, der vermutliche Fahrzeuglenker. Aber manchmal ist ein Rachefeldzug komplizierter als erwartet. Diane steht plötzlich einer anderen Frau gegenüber, die so gar nicht in ihr Bild des Täters passt. Emmanuelle Devos gibt die Diane als entfesselte Figur, die obsessiv an ihrer Suche festhält. Mit dem Tod ihres Sohnes hat sie den Boden unter den Füssen verloren. Sie weiss nicht genau was sie will, ausser Gewissheit über die Tat. Zugleich bestimmen immer stärker Rachegefühle ihr Handeln. Ihr gegenüber steht die überzeugende Nathalie Baye als Marlène, Inhaberin eines Schönheitssalons; mit einem jüngeren Partner liiert und Mutter einer adoleszenten Tochter. Das Aufeinandertreffen von Diane und Marlène wirkt als fruchtbare Spiegelkonstellation, in der sich die Figuren gegenseitig erkennen. Immer tiefer dringt der Film des Schweizers Frédéric Mermoud in diese Oberflächen ein und zeigt ein komplexes Geflecht. Das rätselhafte Spiel wird aufgelöst, aber die Suche nach der Farbe «Moka» geht über den Film hinaus und verweist auf Verstrickungen im Alltag, die nicht einfach aufzulösen sind. «Moka» ist ein faszinierender und überaus erwachsener Film, der sich der Vielschichtigkeit des Lebens bewusst ist

Charles Martig, Filmjournalist Katholisches Medienzentrum

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