Midnight Family

In Mexiko-Stadt sind nur etwa 45 öffentliche Krankenwagen für eine Bevölkerung von neun Millionen Menschen unterwegs. Deshalb fahren auf den Strassen der Metropole zusätzlich zahlreiche private Rettungsunternehmen. Sie dürfen die Verletzten in ein nächstgelegenes Krankenhaus bringen, wenn keine öffentliche Versorgung am Unfallort ist. Dafür hören sie den Polizeifunk ab oder holen sich kostenpflichtige Tipps von Polizisten – immer in der Hoffnung, am Schluss für ihre Bemühungen von den Opfern oder ihren Familien bezahlt zu werden. Auch die Familie Ochoa – drei Söhne, Vater und Onkel – verdient so ihren Lebensunterhalt.

Der junge amerikanische Dokumentarfilmer Luke Lorentzen begleitet sie über drei Monate auf ihren nächtlichen Touren. Dabei hält er mit der Kamera die erschütternde Gewalt auf Mexikos Strassen fest und führt uns ein Gesundheitssystem vor Augen, das an sich selbst krankt. Die Bilder sparen aber auch die Enttäuschung auf den Gesichtern der Ochoas nicht aus, wenn eine Fahrt für sie ins Leere lief. Denn viele der Verletzten haben weder Versicherung noch Geld oder sterben auf dem Weg ins Krankenhaus. Dann müssen die Ochoa-Männer nicht nur hungrig in ihrem Rettungswagen schlafen, sondern sich auch noch mit den eigenen Schuldgefühlen und denen der Familien auseinandersetzen.

Am Ende der Nacht will hier jeder nur überleben – trotzdem sind die privaten Helfer mitfühlend und versuchen Leben zu retten, auch wenn sie selbst dabei verlieren.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Midnight Family», USA/Mexiko 2019, Regie: Luke Lorentzen, Verleih: Outside The Box, http://www.outside-thebox.ch, Filmhomepage: https://midnightfamilyfilm.com/

Kinostart: 2. Januar 2020