Il Traditore

Nach jahrzehntelangen Fehden spaltet sich die sizilianische Cosa Nostra zu Beginn der 80er-Jahre in zwei Lager: die traditionellen palermitanischen Familien und die aufstrebenden Corleonesi unter Salvatore Riina. Er will den einträglichen Heroinhandel für sich allein beanspruchen und lässt in einem mehrjährigen Vernichtungsfeldzug gegnerische Clans nahezu auslöschen. Dann wird 1983 Tommaso «Don Masino» Buscetta, ein hochrangiges Mitglied des unterlegenen Palermo-Zweigs, im brasilianischen Exil verhaftet und an Italien ausgeliefert. Richter Giovanni Falcone, der die Mafia erbarmungslos bekämpft, nimmt ihn in Empfang. Er kann Buscetta dazu bewegen, seinen Schweigeeid gegenüber der Cosa Nostra zu brechen und als erster Kronzeuge in den sogenannten Maxi-Prozessen auszusagen, die zur Verurteilung von hunderten Sizilianischer Mafiosi führen. In den eigenen Reihen gilt er nun als Verräter.

Pierfrancesco Favino schreitet kräftigen Schrittes durch jede moralische Grauzone und verkörpert Buscetta mit einer elegant-lebemännischen Präsenz, der man sich schwer entziehen kann. Ebenso wenig wie den turbulenten Gerichtsverfahren, die schonungslos die staatliche Ohnmacht im Kampf gegen das organisierte Verbrechen offenlegen. Die Raffinesse, mit welcher der mittlerweile 80-jährige Marco Bellocchio Filmgeschichte mit Italiens jüngster Vergangenheit verknüpft, ist einzigartig. Bellocchio hat einen ungewöhnlich dichten Mafiafilm geschaffen, der in einer ganz eigenen Liga spielt.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Il Traditore», Italien/Frankreich/Brasilien/Deutschland 2019, Regie: Marco Bellocchio, Besetzung: Pierfrancesco Favino, Fausto Russo Alesi, Fabrizio Ferracane, Verleih: Filmcoopi Zürich, http://www.filmcoopi.ch, Filmwebseite: https://www.filmcoopi.ch/movie/il-traditore

Kinostart: 6. Februar 2020