Evangelische Perspektiven. Die Sehnsucht gesehen zu werden

Schon Babys suchen den Blick der Mutter. Der Augenkontakt gibt ihnen die Sicherheit, dass sie bekommen, was sie zum Leben brauchen: Wärme, Nahrung und vor allem Aufmerksamkeit. Die Sehnsucht danach, von anderen Menschen wahrgenommen und gesehen zu werden, bestimmt auch das weitere Leben. Der Blick der Anderen kann einen verunsichern oder bestätigen, ist aber lebensnotwendig. Ohne die Antwort anderer Menschen auf die eigene Existenz kann niemand leben. Menschen, die sich besonders den Blicken aussetzen, geben darüber Auskunft, Schauspieler, Tänzer, Lehrerinnen. Die stärkste Beteuerung, gesehen zu werden, ist natürlich die Liebe – und vielleicht ist das sogar ihr höchster Wert. Und dann gibt es noch die Zusicherung, Gott sähe jeden Menschen im Kern seiner und ihrer Existenz. Ein frommer Wunsch? Wenn ja, dann einer, der die Menschheit seit jeher begleitet. «Du siehst mich!» Diese Zuversicht ist schon im Alten Testament ausgesprochen