Evangelische Perspektiven. Überlegungen zum Evangelium der Maria Magdalena

Im Mittelalter galt Maria Magdalena als «Sünderin», die von Jesus gerettet wurde. Im 20. Jahrhundert machten Skandalromane sie zur Geliebten oder Ehefrau Jesu. Erst in jüngster Zeit beginnt man nach ihrer wahren Rolle zu fragen. Aufschluss darüber geben unter anderem «apokryphe Evangelien» – Texte aus frühchristlicher Zeit, die bis ins 19. Jahrhundert verschwunden, verboten oder vergessen waren. Zu ihnen gehört das gnostisch geprägte «Evangelium der Maria». Es schildert Maria Magdalena als Frau von grosser Spiritualität, die mit Jesus tief verbunden war und die Ideale ihres Meisters besser verstand als viele seiner männlichen Schüler. In den Texten spiegeln fiktive Streitgespräche zwischen Petrus und Maria Magdalena Konflikte des frühen Christentums: Jesu Jünger ringen um Machtpositionen. Maria Magdalena setzt dem gegenüber auf Liebe und Erkenntnis