Chris the Swiss

Der junge Journalist Christian Würtenberg will für Radio 24 Anfang der 90er über die Balkankonflikte berichten und fährt mit dem Zug von der sicheren Schweiz aus ins Kriegsgebiet. Als neutraler Beobachter startet Chris seine Reise und entscheidet irgendwann, dass Neutralität nur eine Ausrede ist, um nichts zu tun. Um nicht sehen zu wollen, was vor der eigenen Haustüre passiert. Er schliesst sich einer radikalen Söldnertruppe an und dann ist er plötzlich tot. Mit 27 Jahren stirbt er unter bis heute rätselhaften Umständen.

Schon in ihrem 2009 animierten Kurzfilm «Chrigi» erzählt Anja Kofmel – damals noch ein kleines Mädchen –von ihrem 15 Jahre älteren Cousin. In «Chris the Swiss» nimmt sie den Faden wieder auf und erzählt in elegischem Schwarz-Weiss ein animiertes Dokudrama, das investigative Reportage-Elemente mit persönlichen Erinnerungen anreichert. Inspiriert von anderen Filmen über Krieg und Traumata («The Act of Killing»; «Waltz with Bashir») skizziert sie in düsteren Tuschezeichnungen das schwarze Herz ihrer eigenen Familiengeschichte. Sie zitiert aus privaten Notizen und Radioberichten, redet mit Zeitzeugen und ehemaligen Berufskollegen.

Nach und nach rekonstruiert die Filmemacherin auf fesselnde und poetisch-triste Weise einen mutmasslichen Mord, der jedoch nie restlos bewiesen werden konnte. Sie bewahrt dabei aber auch, trotz der persönlichen Bindung, stets die nötige Distanz und hinterfragt Würtenbergs Handeln kritisch.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Chris the Swiss», Schweiz 2018, Regie: Anja Kofmel, Verleih: First Hand Films, http://www.firsthandfilms.com/, https://www.dschointventschr.ch/de/inproduction/documentaries/chris-the-swiss

Kinostart: 13. September 2018, gratis zum Streamen auf http://www.playsuisse.ch

https://www.youtube.com/watch?v=WDtUplbgxuM