Das Tagebuch der Anne Frank

Wie zeichnet man heute ein Bild der Ikone Anne Frank? Mit dieser Frage konfrontiert gibt es zwei Lösungen: die Fokussierung auf den Text des jüdischen Mädchens aus Amsterdam, oder die Nacherzählung als realistische Rekonstruktion. Regisseur Hans Steinbichler entscheidet sich für die zweite Möglichkeit. Er benutzt die Methode des Reenactment, der Erzählung von nachgestellten Handlungen an den historischen Schauplätzen. Dabei stützt er sich auf die junge Schauspielerin Lea von Acken, die authentisch die Erlebnisse der Anne Frank verkörpert. Schauspielgrössen wie Ulrich Noethen und Martina Gedeck geben die Eltern von Anne – empathisch, nachvollziehbar und überzeugend.

Von Anne Franks Tagebuch gibt es verschiedene Ausgaben mit Loseblättern, aktuell wird ein Streit über die Nutzungsrechte geführt. Es handelt sich also um keinen eindeutigen Text, der hier als Grundlage dient. Das Tagebuch ist interpretationsbedürftig. Das macht die filmische Umsetzung interessant. Der Film schlägt eine Deutung vor, die das schnelle Erwachsenwerden des jungen Mädchens in den Mittelpunkt rückt. Anne war 15-jährig, als sie mit ihrer Familie von der Gestapo entdeckt und in Vernichtungslager deportiert wurde. Nach einer detailreichen Handlung im Versteck zeigt der Film das Schicksal der Familie Frank in einem kurzen Epilog. Damit ist diese Filmadaptation auch für Schüler und Schülerinnen zwischen 12 und 16 Jahren sehr geeignet.

Charles Martig, Filmjournalist Katholisches Medienzentrum

«Das Tagebuch der Anne Frank», DE 2016, Regie: Hans Steinbichler, Besetzung: Lea van Acken, Martina Gedeck, Ulrich Noethen; Verleih: Universal Pictures International, http://www.universalpictures.ch

Kinostart: 3. März 2016