Timbuktu

Die Oasenstadt Timbukutu im westafrikanischen Mali wird von «Islamisten» eingenommen. Die wohl allzu heil gezeichnete Welt einer in einem Zelt lebenden Familie gerät aus den Fugen. Die Menschen verstehen nicht, warum Frauen sich nun verhüllen oder Handschuhe tragen müssen. Oder was schlecht daran sein soll, Fussball zu spielen, zu musizieren und zu singen. Vor allem Frauen sind es, die gegen das Vorhaben der Eindringlinge protestieren und für ihre Würde einstehen. Aber auch die «Islamisten» scheinen sich ihrer Sache nicht immer sicher zu sein. Was als «echter Islam» durchgesetzt werden soll, erweist sich immer mehr als reines Machtgehabe ohne Rücksicht auf fundamentale Werte des Islams.

Mit guten Gründen hat die ökumenische Jury in Cannes «Timbuktu» ausgezeichnet und dessen «hohe künstlerische Qualität» gewürdigt. Regisseur Abderrahmane Sissako fasziniert mit oft grossflächigen ruhigen Aufnahmen. Der Film ist auch insofern stark, als er differenzierte Ansichten dessen, wie «Islam» verstanden wird, aufzeigt: von den selbsternannten Dschihadisten mit ihrem rigiden Moralkodex bis zu der ortsansässigen Bevölkerung, die «einfach gläubig» sein will. Und dazwischen der Imam – möglicherweise als Stimme des Regisseurs –, für den der Dialog konstitutiv zum Islam gehört. Mit Vehemenz vertritt er, «Dschihad» sei primär eine Sache des Herzens – genauer der Auftrag, ein «immer besserer Mensch» zu werden.

*Hermann Kocher, Pfarrer in Langnau i. E.
hermann.kocher@gmail.com

«Timbuktu», Mali 2014, Regie: Abderrahmane Sissako, Besetzung: Ibrahim Ahmed, Toulou Kiki, Kettly Noël; Verleih: Trigon-Film, http://www.trigon-film.org

Kinostart: 18. Dezember

«Timbuktu» ist unser Film des Monats September und als pdf abrufbar. Film-des-Monats-Archiv

*Hermann Kocher ist Mitglied im reformierten Arbeitskreis Kirche und Film. In loser Folge schreiben Pfarrpersonen und kirchliche Mitarbeitende aus dem Arbeitskreis Filmtipps.


Vorpremiere mit Sissako in Zürich 
Regisseur Abderrahmane Sissako ist am Mittwoch, 17. Dezember, für die Vorpremiere im LunchKino Le Paris um 12:15 Uhr in Zürich. Im Anschluss an die Vorstellung findet mit ihm und dem Afrikakenner Ruedi Küng ein Gespräch statt.