Appassionata

Alena Cherny, Konzertpianistin aus Wetzikon, möchte der Musikschule in ihrem ukrainischen Heimatdorf einen Flügel schenken. Sie macht sich auf die Reise in ihre oft schmerzliche Vergangenheit, besucht ihre Eltern und das Musikinternat in Kiev, in dem sie viele Jahre verbrachte. In Kiev erlebte sie die Katastrophe von Tschernobyl. Jetzt sucht sie die verstrahlte Geisterstadt Prypiat auf – ein erschütternder Moment, wenn sie im Konzertsaal zärtlich den Tastenbelag eines zerstörten Flügels in die Hände nimmt. Bewegend ist auch die Begegnung mit ihren Eltern. Hier wird eine Ambivalenz deutlich, die im gesamten Film zu spüren ist: Hinter der Dankbarkeit gegenüber ihren Eltern, die ihr die Karriere als Musikerin ermöglichten, wird das verletzte Kind sichtbar, das ins Internat abgeschoben wurde.

«Ich weiss nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin», zitiert Chernys ehemalige Klavierlehrerin Heinrich Heine. Das passt zu Alena Cherny: Melancholie scheint sie ständig zu umgeben, und zugleich ist da die enorme Tiefe und Leidenschaft, wenn sie am Flügel sitzt. Man versteht die Mutter, die sich sorgt, weil ihre Tochter «brenne», sich verausgabe beim Spielen. Die Musik ist aber auch – erneut dieser Zwiespalt – Chernys Lebenselixier. «Appassionata» ist ein emotionaler und berührender Film, nicht nur über die Musik und was sie vermag, sondern auch über eine Eltern-Kind-Beziehung und ein Leben voller Gegensätze.

Andrea Lüthi, Kulturjournalistin
andrea.luethi@medientipp.ch

«Appassionata», Schweiz 2012, Regie: Christian Labhart; Dokumentarfilm; Verleih: Look Now! Filmdistribution Zürich, http://www.looknow.ch, Filmwebsite: http://www.appassionata-film.ch

Kinostart: 7. März 2012