Paradise

Der sozial engagierte Regisseur Sina Ataeian Dena überzeugt mit seinem Erstlingswerk «Ma dar Behesht». Mit dem englischen Verleih-Titel «Paradise» ist die messerscharfe Ambivalenz des Films jedoch nicht eingefangen; handelt es sich doch keineswegs um einen Zustand des grössten Glücks. Vielmehr geht es im Film um strukturelle Gewalt, die vor allem Frauen und Mädchen im Iran trifft.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht die 24-jährige Primarlehrerin Hanieh, die zum Mittelstand in Teheran gehört. Sie arbeitet in einem trostlosen Vorort und muss jeden Tag einen langen Arbeitsweg zurücklegen. Deshalb möchte sie sich ins Zentrum der Stadt transferieren lassen. Doch ihr Antrag steckt irgendwo in der Administration fest. Als sie eines Tages in der Schule ankommt, werden zwei Mädchen vermisst, die womöglich entführt wurden. Angesichts dieses Ereignisses werden die Probleme der jungen Lehrerin belanglos.

Der Film, der unter erschwerten Bedingungen heimlich gedreht wurde, konzentriert sich auf Alltagsszenen in der Schule, die Rolle der Lehrerin und der Schulleiterin, die beide Teil des Systems sind; zudem auch auf die kleinen Fluchten der Hauptfigur Hanieh. Wie der Regisseur die Mechanismen der institutionellen Gewalt offenlegt, ist beeindruckend. Ein starker und mutiger Film, der einen unverfälschten Blick in den Alltag von berufstätigen Frauen im Iran wirft – und dafür von der Ökumenischen Jury am Filmfestival in Locarno 2015 ausgezeichnet wurde.

Charles Martig, Filmjournalist Katholisches Medienzentrum

«Paradise» (Ma dar Behesht), Iran/Deutschland 2015, 100 Minuten, Regie: Sina Ataeian Dena, Besetzung: Dorn Dibaj, Fateme Naghavi, Fariba Kamran; Verleih: Filmcoopi Zürich AG, Internet: http://www.filmcoopi.ch, Filmwebsite: http://paradisethefilm.com/

Kinostart: 4. August 2016

«Paradise» ist unser Film des Monats August und als pdf abrufbar. Film-des-Monats-Archiv