Die Blumen von gestern

Totila Blumen ist ein zorniger Mann. Nicht nur, weil er als Holocaustforscher arbeitet. Auch, weil er Eheprobleme hat und er seinem neuen Vorgesetzten zur Begrüssung direkt einmal einige Zähne ausschlägt. Während sich die beiden am Arbeitsplatz mit der Tastatur prügeln, stirbt im Nebenzimmer leise der schon ergraute Chef. Zurück bleibt sein Mops und für Totila die Aufgabe, sich um diesen, die neue Praktikantin Zazie und den bevorstehenden Auschwitz-Kongress zu kümmern. Gemeinsam mit der neurotischen Französin macht er sich auf die Reise, um die Teilnehmer, die aufgrund des plötzlichen Todesfalls vom Kongress abzuspringen drohen, zur Mitwirkung zu bewegen. Ein gewagtes Unterfangen, eine Romanze zwischen einem Mann und einer Frau zu erzählen, deren familiäre Vorbelastung sie ebenso eng miteinander verbindet wie voneinander trennt. Doch genau deshalb funktioniert der Film, weil er, weg vom kollektiven Betroffenheitsschuldgefühl, eine erfrischend neue Einsicht vermittelt. Regisseur Chris Kraus («Vier Minuten») verarbeitet darin die Entdeckung, dass sein Grossvater an der Ermordung zahlreicher Juden beteiligt war. Das tut er, indem er die Betulichkeit mit guten Dialogen und grotesken Situationen ad absurdum führt. Er treibt die Geschichte seiner verkorksten Figuren, die einen Halt im Leben suchen, ironisch, aber stets liebevoll, auf die Spitze. Das ist unterhaltsam, tut manchmal weh und ist doch irgendwie herzerwärmend.

Sarah Stutte, Filmjournalistin

«Die Blumen von gestern», Deutschland/Österreich 2016, Regie: Chris Kraus; Besetzung: Lars Eidinger, Adèle Haenel, Hannah Herzsprung; Verleih: Xenix, http://www.xenixfilm.ch,

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